Dienstag, 24. Februar 2015

Willkommen auf dem Jakobsweg ...


Blick von der Auberge Orisson in die Bergwelt
Es ist Dienstag, der 14. April 2009, vier Uhr nachmittags:

Bei Café au Lait und Croissants – wir sind ja noch in Frankreich – sitzen Elli und ich auf der Holzterrasse der Auberge Orisson. Elli schreibt ihren ersten Eintrag in ihr Pilgertagebuch, ich habe die Füße auf den Nachbarstuhl gelegt und bestaune fasziniert das „Wettrennen der Wolken“ über den Bergen, den Pyrenäen, deren Gipfel durchweg noch schneebedeckt sind. Da oben braut sich 'was zusammen, denke ich, und da müssen wir morgen 'drüber; innerlich schüttelt es mich ein bisschen.

Aber erst mal sitzen wir Beide hier recht gemütlich, sind aber, zugegeben, ziemlich schlapp und abgekämpft – und das bereits nach den ersten neun Kilometern unserer Pilgerreise…




Blick von Saint Jean Pied de Port in die verschneiten Pyrenäen
Das waren unsere ersten eigenen Eindrücke nach dem Aufbruch zu unserer allerersten Pilgerreise – unsicher, beeindruckt, neugierig. Und über uns schwebt die Frage: „Auf was haben wir uns hier eigentlich eingelassen?“

Durch ganz Europa ziehen sich inzwischen viele Jakobswege, die am Ende nahezu alle ins spanische Santiago de Compostela führen. Doch wer bei uns vom Jakobsweg spricht, denkt oft an den „Camino Francés“, den klassischen Pilgerweg entlang einer historischen Handelsroute, die über fast 800 Kilometer von den Pyrenäen quer über die iberische Halbinsel bis nach Santiago führt. Erstmals erwähnt wird der Camino Francés als wichtige nordspanische Verkehrsachse in der Mitte des 11. Jahrhunderts. Er verbindet die Städte Jaca, Pamplona, Burgos und León und führt weiter bis zum Jakobusgrab in Santiago de Compostela. In der Gründungsurkunde eines Hospitals bei Villalcásar de la Sirga, dieser Ort liegt zwischen Frómista und Carrión de los Condes, ist im Jahr 1047 bereits von Pilgern auf dem Weg nach Santiago die Rede. 1993 hat die UNESCO dem „Camino de Santiago“, so nennen ihn die Spanier, den Status „Weltkulturerbe der Menschheit“ verliehen.

Elli und ich entschließen uns im Frühsommer 2008 ganz spontan für die Pilgerreise über den Jakobsweg. In den letzten Jahren sind einige unerwartete Ereignisse und Veränderungen eingetreten, die wir für uns noch nicht hinreichend verarbeiten konnten. Der Jakobsweg, mit seiner Ruhe und Abgeschiedenheit schien uns als eine gute Möglichkeit, dies nachzuholen. Aber auch die Lust auf etwas Ungewöhnliches, auf Improvisation ohne „All Inklusive“ und „Rund-um-die-Uhr-Animation“ und nicht zuletzt Hape Kerkelings Buch „Ich bin dann mal weg…“ spielten dabei eine entscheidende Rolle.


Das alles steckt in unseren Rucksäcken
Fast zeitgleich mit dem Entschluss für diese Reise nehmen wir die ersten Vorbereitungen in Angriff. Schnell erhalten wir „grünes Licht“ von Elli’s Chefin zum vorgeschlagenen Reisetermin und wir stellen fest, dass der Jakobsweg schon in dieser frühen Phase immer mehr Einfluss auf uns nimmt: In kurzer Zeit kennen wir Dörfer und Städte im spanischen Hochland, dazu die Entfernungen und Höhenmeter, die zu erwartenden Wetterverhältnisse, Herbergen, Einkaufsmöglichkeiten, und wir wissen Bescheid über Gewichte von Unterhosen, Socken, Duschgel und Zahnpasta – natürlich grammgenau! Das ist, so heißt es, der „Camino-Virus“, und der hat uns gnadenlos erwischt.

Wenige Tage vor Weihnachten 2008, folgt ein weiterer entscheidender Schritt: Wir buchen die Flüge von Frankfurt-Hahn über London Stansted nach Biarritz und die Rückreise von Santiago aus direkt wieder nach zurück nach Frankfurt.

Aus heutiger Sicht, also rückwirkend betrachtet, da sind wir uns einig, war dies das spannendste und wertvollste Weihnachtsgeschenk, das wir uns je machten.

Willkommen auf dem Jakobsweg!

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